In der Stadtratssitzung vom 29.03.2022 war die Agenda wieder besonders lang. Ein sehr wichtiges und zukunftsweisendes Thema möchte ich deshalb herausgreifen.
Es ging um den Beschluss zur Beauftragung einer natürlichen Person als Klimaschutzmanger/in (KM) für die Stadt Brand-Erbisdorf.
Dieses Thema wurde bereits im Hauptausschuss und in einer nicht öffentlichen Stadtratssitzung vorberaten und dennoch sorgte dieser Tagesordnungspunkt unter den Stadträtinnen und Stadträten für Diskussionen und Spaltung. Nach Änderungsanträgen und deren Abstimmung, ging es zum Austausch aller Argumente und zur finalen Abstimmung.
Mit einem knappen Ergebnis sprach sich die Mehrheit der Stadträtinnen und Stadträte für die Beauftragung eines/r Klimaschutzmanager/in aus.
Folgende konkrete Aufgaben bzw. Funktionen sind denkbar und sollen nun in einer vertraglichen Regelung (einschließlich der Definition von Schnittstellen) fixiert werden:
Der/die Klimaschutzmanager/in der Stadt Brand-Erbisdorf
- ist ein „Botschafter“ für umweltfreundliches Verhalten
- berät die Bürgerschaft und die Kommune
- leitet die AG „Klimaschutz BED 2030“
- organisiert und realisiert Informationsveranstaltungen und Beratungen zum Thema Klimaschutz
- unterstützt Unternehmen, Projektgruppen, Bürgerschaft und Kommune bei der Akquise und Beantragung von Fördergeldern
- vernetzt die verschiedenen Akteure (Bürger, Verwaltung, Unternehmen, Förderstellen) zur Förderung des Informations- und Erfahrungsaustauschs¸ Einbindung der Kommune in größere Netzwerke
- unterstützt bei der Aktualisierung bzw. bei der Fortschreibung des städtischen Klimaschutz(teil)konzeptes, sofern dieser Bedarf besteht
- koordiniert die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts und der Klimaschutzaktivitäten
- dokumentiert die Zielerreichung und kommuniziert diese an betroffene Akteure, Evaluation von Maßnahmen und Prozessen
- leistet Öffentlichkeitsarbeit zu den wesentlichen Klimaschutzaktivitäten
- berät bei der Planung und Umsetzung konkreter Einzelprojekte (z. B. Radwege)
Die Stadt Brand-Erbisdorf hatte bereits 2017 diesem Thema gestellt und mit Beschlussvorlage 072/2017 über eine Auswahl von Maßnahmen aus dem Abschlussbericht des „Kombinierten Klimaschutzteilkonzept für die Große Kreisstadt Brand-Erbisdorf“ entschieden. Die ebenfalls in diesem Teilkonzept dargestellte Maßnahme V-01 „Schaffung einer Stelle des Klimaschutzmanagers“ wurde damals in den Vordiskussionen zu o. g. Beschluss als für die Stadt nicht relevant definiert. Vielmehr wurden Maßnahmen verabschiedet, die innerhalb der Aufgabenerledigung der Stadtverwaltung lösbar schienen und gemäß der Einschätzung aus dem Klimaschutzteilkonzept mit geringem bis mittleren Aufwand leistbar seien und dennoch spürbare Verbesserungen erwarten ließen. Dazu einige Aspekte:
- So wurde in den Bebauungsplan für die Erweiterung des Gewerbegebietes Süd eingearbeitet, dass bei der Bebauung vorrangig KWK-Anlagen einzusetzen sind.
- Auf der Internetseite der Stadt wurden neben den Darstellungen zum Klimaschutzteilkonzept auch eine Karte zu Dachpotenzialen für Solarenergie auf privaten Dächern der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
- Des Weiteren wurden seitdem mehrere Heizungen kommunaler Einrichtungen ausgetauscht. Dabei erfolgte jeweils eine Prüfung, ob der Einsatz regenerativer Energien möglich ist. Leider war dies bei Bestandsobjekten bisher aus baulichen Gründen (Denkmalschutz, Dachlasten etc.) nie möglich. Allerdings erfolgten die Austausche jeweils mit moderner Brennwerttechnik und unter Neuberechnung der notwendigen Wärmebedarfe, was in der Regel zu einer Verkleinerung der Anlagen und zu CO2-Einsparungen geführt hat.
- Bei den in dieser Zeit erfolgten Neubauten bzw. Dacherneuerungen wurden jeweils geprüft, inwieweit Solaranlagen auf die kommunalen Gebäude installiert werden können. Auch dies war bei den bisherigen Maßnahmen meist aus statischen, aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich.
- Bei Beschaffungen im elektronischen Bereich (Computer, Kopierer…) wird immer Wert auf energiesparende Systeme aber auch Umweltzertifizierungen wie z.B. der Blaue Engel gelegt. So war der Energieverbrauch ein Bewertungskriterium bei der Vergabe der Kopierleistungen.
- Des Weiteren engagiert sich die Stadt Brand-Erbisdorf mit Firmen der Energieversorgung neben dem von der Stadt getriebenen Energetisches Leuchtturmprojekt Brand-Erbisdorf mit sogenannten Letters of Intent in Projekten wie das DVGW-Forschungsprojekt „Smart District 2“, aber auch das Projekt „Klimaneutrale und sektorenübergreifende Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden mit Grubenwassergeothermie als innovative Energiequelle ortskonkret für Quartiere in der Montanregion Erzgebirge als Modellregion (GEoQart)“. Damit zeigt die Stadt potenziellen Finanzierern dieser Projekte ihr Interesse und steht als assoziierter Partner für verschiedene Fragen wie zum Beispiel Datenakquise, Vermittlung von Messstandorten aber auch zur Unterstützung bei der Auswahl von Modellquartieren zur Verfügung.
- Das Energetisches Leuchtturmprojekt Brand-Erbisdorf stand 2020 bereits kurz vor der Aufnahme in das Förderprogramm, als einer der beiden Partner sich zurückgezogen hat. Dadurch sind nun eine komplette Neuausrichtung und Neuakquise geeigneter Partner notwendig geworden.
- Aktuell ist die Stadt Brand-Erbisdorf Pilotkommune eines Projektes zur Erprobung von Anwendungsfällen zur sensorgestützten Optimierung kommunaler Prozesse. In diesem Rahmen werden durch die Stadt verschiedene Sensoren (Raumluftampeln, Energiezähler, Wassereinbruchsensoren, Bodenfeuchtesensoren, Schließsensoren für Fenster und Türen, Pegelstandsensoren) auf ihren Nutzen v.a. im Hinblick auf Ressourcen schonenden Umgang mit Energie und Wasser getestet.
Parallel zu diesen Maßnahmen baute die Stadtverwaltung das Energiemanagement der Stadt aus und kann dort mit aktuell einer Energiemanagerin und zwei Energietechnikern Erfolge im Hinblick auf die Verstetigung der Überwachung von Verbräuchen (Energie und Wasser) Erfolge verzeichnen. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Sächsische Energieagentur-SAENA GmbH.
In der Stadtratssitzung 23.11.2021 informierte der Oberbürgermeister über eine Bürgerbewegung „Fridays for Future“ auch in Brand-Erbisdorf. Durch diese Gruppe wurden an die Stadt folgende Forderungen herangetragen:
- Das aktuelle Klimaschutzteilkonzept ist nach den Vorgaben und Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens zu aktualisieren.
- Die Schaffung einer Stelle für einen Klimaschutzbeauftragten.
- Gründung einer Arbeitsgruppe unter Schirmherrschaft der Stadt Brand-Erbisdorf, um die Aktivitäten bzgl. des Klimaschutzes von Wirtschaft/Industrie, Wohnungsgenossenschaften, Energieversorger, Handwerk, Handel und Zivilgesellschaft zu koordinieren und voranzubringen.
Dem öffentlichen Aufruf zur Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe sind fünf Personen der Stadt gefolgt. Zwei davon sind Mitglieder des Stadtrates.
Nach Angaben der SAENA gibt es derzeit in neun Städten und zwei Landkreisen in Sachsen Klimaschutzmanager/innen. Dabei handelt es sich neben den drei kreisfreien Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz um Kommunen mit i. d. R. deutlich mehr als 20.000 Einwohnern. Ausnahmen bilden lediglich Wurzen (16.000 Einwohner), Oederan (7.800 Einwohner) und nun auch in Brand-Erbisdorf (9.100 Einwohner).
Entsprechend der Darstellungen der SAENA in Verbindung mit den Förderrichtlinien hat ein Klimaschutzmanager/in die Aufgabe, die notwendigen kommunalen Aktivitäten zu koordinieren und zu organisieren. Dazu gehört auch die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes bzw. in unserem Fall die Aktualisierung des kommunalen Klimaschutzteilkonzeptes. Es gilt einerseits die Kommunalverwaltung einzubinden und andererseits die Einwohner der Kommune mitzunehmen und Akzeptanz zu schaffen.
Die Strukturen und Arbeitsabläufe sind bislang zentral nicht klar definiert oder gar eingespielt. Es gilt also Erfahrungen mit Anderen auszutauschen, regionale Netzwerke zu knüpfen und Kräfte bei vergleichbaren Herausforderungen zu bündeln.
Aus Sicht der Verwaltung ist eine Vollzeitstelle als eine(n) Klimaschutzmanager/in für die Stadt Brand-Erbisdorf derzeit nicht darstellbar.